Klaus Heine
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Die Auferstehung Jesu Christi - Mythos oder Geschichte?
Im apostolischen Glaubensbekenntnis, das jeden Sonntag im
Gottesdienst gebetet wird, heißt es im zweiten Artikel von Jesus
Christus “am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den
Himmel....” und “von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und
die Toten.” Im dritten Artikel vom Heiligen Geist wird die “Auferstehung
der Toten und das ewige Leben” bekannt.
Hier seien aber auch die entsprechenden Passagen aus dem anderen
altkirchlichen Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel zitiert, das seltener
im Gottesdienst gelesen wird, uns aber auch mit den orthodoxen Kirchen
ökumenisch verbindet: Jesus Christus “ist am dritten Tage auferstanden
nach der Schrift und aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten des
Vaters und wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden
und die Toten; seiner Herrschaft wird kein Ende sein.” Und im dritten
Artikel des ebenfalls trinitarischen Bekenntnisses steht: “Wir erwarten
die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt.”
Die Ausführungen heute Abend sollen der Auslegung unseres christlichen
Bekenntnisses zur Auferstehung dienen. Auch wenn sie angesichts der
Bilder von Hermann Nitsch erfolgen, wird die Auseinandersetzung mit der
Weltanschauung seines Orgien-Mysterien-Theaters nicht explizit, sondern
allenfalls implizit stattfinden.
Vielleicht sind manche erstaunt über die Alternative: Mythos oder
Geschichte. Werden nicht gerade im Mythos von Göttern und Menschen
Geschichten erzählt? Das ist richtig. Aber sie beschreiben
Grunderfahrungen des Menschen, das was sich immer wieder typisch
ereignet. Sie sind eine bestimmte Art des Daseinsverständnisses und der
Daseinsbewältigung in einer grundsätzlich kreisförmigen
Geschichtsbewegung, die von der Wiederkehr des Gleichen bestimmt ist.
Nach unserer Vorstellung dagegen hat die Weltgeschichte einen Anfang und
ein Ende. Sie nimmt die wiederkehrenden kreisförmigen Bewegungen wie
etwa den Wechsel der Jahreszeiten in sich auf, ist aber dadurch nicht
entscheidend bestimmt. Geschichtliche Ereignisse stehen zwar in
Korrelation untereinander, sind aber einmalig und nicht wiederholbar.
Auch wenn die Mythen der alten Zeit ihre Deutekraft keineswegs verloren
haben, leben wir doch in einem anderen durch
weltlich-naturwissenschaftliches Denken geprägten Zeitalter.
Die zitierten trinitarisch verfassten Glaubensbekenntnisse erzählen zwar
im jeweils zweiten Artikel auch in Kurzform die Geschichte eines
Gottmenschen. Aber schon der Name Jesus mit dem Titel
“Christus”=“Messias” weist dieser Erzählung mit dem Volk Israel einen
geschichtlichen Ort im Allgemeinen und mit der Wendung “gelitten unter
Pontius Pilatus” im Besonderen zu. Die christliche Botschaft, diese
These möchte ich hier schon formulieren, ist also nicht eine der großen
mythischen Dichtungen, die ohne konkreten historischen Anhalt Auskunft
über die menschliche Verfasstheit angesichts der Fragen des Schicksals
geben, sondern hat ihren bestimmten Ort der Gottesoffenbarung in der
Geschichte, deren Wahrheit in der Erzähl-und Mahlgemeinschaft der Kirche
weitergegeben wird. Sie bedient sich dabei zwar oft der religiösen
Vorstellungen der verschiedenen Epochen, um ihre einzigartige Botschaft
den Menschen nahe zu bringen. Das kann aber nur dann zu
Missverständnissen führen, wenn die Bild-und Sprachformen nicht immer
wieder kritisch auf die gemeinte Aussage hin befragt und geprüft werden.
Bevor wir die biblische Tradition zu Wort kommen lassen, sei noch ein
religionswissenschaftlicher Blick erlaubt auf
Opfervorstellungen und Berichte von sterbenden und wieder auferstehenden
Göttern.
Die Marburger Religionswissenschaftlerin Adelheid Hermann-Pfandt zitiert
in einem jüngst erschienenen Artikel zum Opferwesen den Bericht eines
Tibetologen, der 1951 in Darjeeling im indischen Himalaya ein Opfer für
die hinduistische Göttin Durga selbst miterlebt hatte:
“Der Höhepunkt der Zeremonie war gekommen. Die Zuschauer standen
regungslos, sogar das Lärmen der Kinder war verstummt. Der Priester
ergriff einen riesigen Kukri (Krummschwert). Er murmelte ein Gebet und
reichte die Waffe dem Schlächter. Die Helfer zwangen den Büffel auf die
Knie. Sie warfen ihm ein schwarzes Tuch über den Kopf und schoben den
Hackblock unter seinen Hals. Der Schlächter hob das Opferschwert,
visierte nochmals unter atemloser Spannung den Nacken des Büffels an.
Ein Aufblitzen der Klinge und ein gellender Schrei der Zuschauer: der
glatt abgetrennte Kopf des Tieres flog im Bogen durch die Luft und
klatschte wenige Schritte vor mir auf den Boden. Das Blut schoss in
starken Strahlen aus den durchtrennten Schlagadern und überschüttete
Schlächter, Priester und die zurückspringenden Zuschauer. Die Helfer
packten den Kadaver an den Hufen, und unter jubelndem Geschrei
schleppten sie ihn um den Opferpfahl. Die Opferung war erfolgreich
beendet, die große Göttin musste zufrieden sein.”
Jeden Herbst findet diese Opferung zum Fest der Göttin Durga statt. Im
Mythos tötet Durga den Büffeldämon, der die Welt bedroht. Im Ritual des
Opfers wird der Büffel geköpft, um es der Göttin gleichzutun.
In fast jeder Religion gab es Tier-und auch Menschenopfer. Mit den
Opferritualen bringt man der Gottheit etwas dar, weil man etwas für das
Leben Notwendige empfangen möchte: eine gute Ernte, Nachkommen, Rettung
aus Gefahren und Krankheiten. Menschenopfer wurden gebracht, wenn es um
absolut Überlebenswichtiges ging. Die amerikanische
Naturwissenschaftlerin Barbara Ehrenreich sieht den Grund für die
weltweite Verbreitung des Menschenopfers und den Glauben an seine
Wirksamkeit in elementaren Erfahrungen der frühen Menschheit. Die Angst,
von Raubtieren gejagt und gefressen zu werden, ist ein menschliches
Urtrauma. Wurde eine Menschengruppe von Raubtieren angegriffen, bestand
die Rettung oft genug darin, dass einer zuerst erwischt oder
ausgeliefert wurde. Sein Tod rettete den anderen das Leben. Betrachtet
man die vielen raubtiergestaltigen oder über Raubtiere herrschenden
Gottheiten in den verschiedenen Kulturen, wurde offensichtlich die Macht
der Raubtiere über Leben und Tod als göttlich erfahren. Hermann-Pfandt:
“Nach Ehrenreich ist ein Tier-oder Menschenopfer als rituelle
Reinszenierung eines Raubtierangriffs zu deuten, bei dem sich der
opfernde Mensch aus der Opferrolle befreit, indem er sich mit dem
tötenden Raubtier identifiziert. Damit stehe das Blutritual symbolisch
für den ´Übergang des Menschen vom Beutetier zum beutemachenden
Raubtier´.”
Angst ist die Triebfeder für das Blutopfer. Um sich vor dem eigenen
Untergang zu retten, bringt ein Einzelner oder eine Gruppe der
verschlingenden Gottheit ein ausgewähltes Opfer dar. Noch einmal
Hermann-Pfandt wörtlich:
“Während die das Menschenopfer auslösende Emotion vor allem Angst ist,
werden während der Durchführung blutiger Opfer rauschhafte Zustände
erfahren. Wenn ein Opferpriester im Auftrag der um ihr Leben bangenden
Gruppe die Waffe gegen einen Mitmenschen erhebt, verkörpert er für das
Opfer die verschlingende Gottheit. Indem er sich die göttliche
Entscheidung über Leben und Tod anmaßt, wendet er in einem ´angstlösenden
Machtrausch´ (Barbara Ehrenreich) den Tod von sich und der gesamten
opfernden Gemeinschaft ab. Die Selbstvergottung des opfernden Menschen
kulminiert im Augenblick der Opfertötung. Er wird, wie vielen Quellen zu
entnehmen ist, als ein Moment großer emotionaler Intensität, als Ekstase
und Machtrausch, erfahren, der sich auf die ganze opfernde Gemeinde
ausbreitet. In dem geschilderten indischen Büffelopfer bricht sich diese
Intensität Bahn, als die gesamte Opfergemeinde im Augenblick der
Büffeltötung laut aufschreit.”
Der Augenblick der Opfertötung ist von besonderem Gewicht. Walter
Burkert sieht in der Opfertötung das “Grunderlebnis des Heiligen”, in
ihr ist das Mysterium tremendum, der unheimliche Aspekt des Heiligen
enthalten, wie ihn Rudolf Otto beschrieben hat.
In der modernen egalitären säkularen Gesellschaft scheinen Tieropfer
oder gar Menschenopfer obsolet, erwecken Abscheu, werden strafrechtlich
verfolgt. Ob damit das Opferwesen wirklich zu Ende ist, wage ich zu
bezweifeln. Hermann-Pfandt teilt diese Skepsis, wenn sie meint: “Solange
es den Glauben aber noch gibt, dass manche Menschen weniger wert sind
als andere, wird auch das Menschenopfer nicht aussterben, sondern in
mehr oder weniger bemäntelten Formen weiterleben.”
Gehört etwa die Deutung des Todes Jesu als Sühnopfer, die zur Zeit
heftig diskutiert wird, auch zu dieser Opferwelt?
Gehen wir vom Opferkult als Überlebensmittel zur prinzipiellen
Überwindung des Todes, wie sie uns in der Religionsgeschichte begegnet.
Altorientalische und ägyptische Texte legen es nahe einen Typus des
sterbenden und auferstehenden Gottes anzunehmen. Sein Sterben als Gang
in die Unterwelt symbolisiert das Sterben der Vegetation, seine Rückkehr
auf die Welt als Beweis seiner Unsterblichkeit wird mit der sich
erneuernden Fruchtbarkeit auf der Erde in Verbindung gebracht. Eine
ganze Reihe von Göttern des vorderen Orients lassen sich mit ähnlichen
Mythen in den Zusammenhang mit der sich jährlich erneuernden Vegetation
bringen: Adonis, Attis, Baal (gegen ihn kämpfen besonders die
alttestamentlichen Propheten), Marduk, Dumuzi/Tammuz, Dionysos, Osiris.
Es gibt die Theorie, dass die Berichte über das Sterben und Auferstehen
dieser Götter den Stoff für ein periodisch gefeiertes Kultdrama
lieferten. Damit sollten innerhalb einer zyklischen
Wirklichkeitsvorstellung Erneuerung und Bestand der Welt garantiert
werden, die von der Vegetation abhängig sind. Der Nachweis eines solchen
Grundmusters ist allerdings schwierig (vor allem wegen der
Lückenhaftigkeit der Texte). Interessant ist, dass der Glaube an den von
den Göttern berichteten Sieg über den Tod allgemein keine Folgen für die
Vorstellungen vom Geschick der sterblichen Menschen nach dem Tod hatte.
Das ist anders bei Osiris, mit dem der ägyptische Mensch seine
persönliche Fortexistenz nach dem Tod verband. Aber auch in der
iranischen Religion begegnet der Glaube an die Auferstehung der Toten.
Ich greife noch einmal den Mythos von Dionysos auf, insbesondere
deshalb, weil das “Dionysische” in der Philosophie Friedrich Nietzsches
und auch in der Weltanschauung von Hermann Nitsch eine große Rolle
spielt.
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Klaus Heine
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Dionysos (lat.Bacchus, Liber)
Aus Hermann Jens, Mythologisches Lexikon:
Gott der Triebkraft der Natur, besonders aber des Weines. Als Symbol
hatte er den Granatapfel, Weinrebe, Weinlaub und den Thyrsosstab (ein
Stab, mit Efeublättern bekränzt). Sein Vater war Zeus und seine Mutter
Persephone. Zeus hatte ihn zum König bestimmt, aber die Titanen, von
Hera angestiftet, überfielen, zerrissen und verzehrten ihn. Pallas
Athene rettete sein noch zuckendes Herz, das Zeus verschlang und den
Sohn zum zweiten Mal erzeugte. Zeus rächte den Tod seines Sohnes und
schmetterte die Titanen mit seinen Blitzen nieder, aus deren Asche
Menschen entstanden. Bei den Festen des Dionysos, die überall in
ausgelassenster Weise gefeiert wurden, wirkten die Bacchanten, Mainaden
und Thyiaden mit. Sie schwärmten mit Fackeln, Thyrsosstäben und
Handpauken unter Lärm und Tanz. Seine Gemahlin war Ariadne. S.Theseus.
Eine ältere Auffassung spricht von einer anderen Mutter des Dionysos:
Semele, Tochter des Kadmos und der Harmonia in Theben, Geliebte des
Zeus. Hera in Gestalt ihrer Amme überredete Semele, Zeus zu bitten, er
möge in der Gestalt zu ihr kommen, wie er zu Hera käme. Zeus sagte zu,
da er Semele einen Wunsch gewährt hatte, und kam unter Donner und Blitz.
Von der Glut verzehrt, gebar sie sterbend ein Kind, den Dionysos,
welchen Zeus in seiner Hüfte barg und dort bis zur Reife behielt.
Aus Walter Kranz, Geschichte der griechischen
Literatur S.136 f.:
(534 v.Chr. Erstes öffentliches Spiel auf dem Dionysosfestplatz Athens)
Es ist ein Frühlingsspiel zu Ehren des Gottes Dionysos, genannt die
großen Dionysien.....In der Feier des Hochfrühlings braust das südliche
Lied der wiedererblühten Natur. Hingegeben an den berauschenden Gott,
der einst, wie der Mythos sagt, aus der Fremde, vom Norden her oder auch
über das Meer daherfahrend, in Hellas eingezogen ist, Widerspenstige
selbst mit grausamer Gewalt in seine Dienste zwingend, und der auch
immer wieder leibhaftig erscheint- ihm hingegeben, geraten seine Diener
in “Ekstase”, d.h.sie “treten aus sich heraus“, werfen die Bürde ihres
Ich für eine Zeit ab, werden des Gottes tierische Gesellen, Tragoi, d.h.
Böcke, Satyrn, Silene, verschiedene Gestaltung leidenschaftlicher
Tierheit. In der Musik, im Lied strömt ihre Seele aus. Die Maske, die
sie tragen, ist das äußere Kennzeichen ihrer Verwandlung ins Dämonische.
Solche zum Teil sehr grotesken Spielformen hat es bei Völkern
verschiedenster Art gegeben, gewiss auch in Griechenland mancherorts
sein mancher Zeit. Dem attischen Spiel aber hat Thespis künstlerische
Form, bleibende Gestalt aufgeprägt. Tragoidia, Gesang der Böcke, blieb
sein Name. Des Aulos Klänge waren es, die die Menschen bis in jene
Ekstase hineintrieben- “du Tyrann meiner Seele”nennt ihn noch ein
Sophokleischer Chor (Trach.217)-, Klänge, die zum Gesang des echten”
Dithyrambos“, des Kultliedes für Dionysos, begeisterten, der nach
Aristoteles (Dichtk.c.4) die Quelle des Dramas wurde.
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Richard Posch
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Biblische Zeugnisse zur Auferstehung
„ Von denen, die im Land des Staubes schlafen, werden
viele erwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zur Schmach, zum
ewigen Abscheu. Die Verständigen werden strahlen, wie der Himmel
strahlt; und die Männer, die viele zum rechten Tun geführt haben, werden
immer und ewig wie die Sterne leuchten“ Dan 12, 2f
Dieser Text gilt als der einzig unbestrittene Auferstehungstext des
hebräischen Alten Testaments. Unter dem Eindruck der Religionsverfolgung
der Makkabäerzeit bekennt der Text, dessen Endredaktion zwischen 168 und
164 v. Chr. anzusetzen ist, eine Auferstehung, de jedoch nicht alle,
sondern nur das auserwählte Volk betrifft. Ob von diesem Gute und Böse
auferstehen oder nur die Guten allein, die Märtyrer vor allem, lässt
sich nicht entscheiden. Der Ort, von dem die Auferstehenden kommen, ist
das Land des Staubes, die sheòl, die mit dem Grab zusammenfließt. Dem
biblischen Verständnis von Mensch und Tod entsprechend, ist die
Auferstehung nicht als Wiedervereinigung von Leib und Seele vorgestellt,
sondern als Wiederbelebung des „Schattens“: Da mit dem Tod die Einheit
des Menschen nicht gebrochen wird, der Tote vielmehr auch in der
Unterwelt in einer gewissermaßen „verdünnten“ Leiblichkeit „lebt“, kehrt
er mit dem Erstarken des Lebens auch wieder in volle Leiblichkeit
zurück. Ort des Auferstehungslebens ist die erneuerte irdische Welt.
Diese Vorstellung, wie sie in Dan 12 formuliert wird, muss in Israel
eine Vorgeschichte gehabt haben. Hier ist Jesaja 26 zu nennen, wo die
Auferstehung ähnlich vie in Dan als „Erwachen“ geschildert wird.
„Deine Toten werden Leben, die Leichen stehen wieder auf; wer in der
Erde liegt, wird erwachen und jubeln. Denn er Tau, den du sendest, ist
ein Tau des Lichts; die Erde gibt die Toten heraus“. Jes 26,19
Dieser Text aus der um 300v. Chr. entstandenen Jesaja-Apokalypse spricht
von einer Auferstehung und dem Erstarken des Volkes. Es geht um ein
neues Leben auf dieser Erde für das auserwählte Volk.
Die Überzeugung, dass Jesus von den Toten auferstanden
ist, durchzieht das ganze NT. Sie wird in verschiedenen Texten
ausgesprochen: (1) „den er von den Toten auferweckte“ in (1 Thess 1,10)
und alten Glaubensformeln wie „dass Jesus starb und auferstand“ (1 Thess
4,14); (2) in Bezugnahmen darauf bei Unterweisungen über die
Heilsbedeutung des Todes Jesu (2 Kor 5,14f), die Taufe (Röm 4,24f), die
christliche Zukunftshoffnung (1 kor 15, 12ff) und die Kirche (Eph
1,20ff); (3) in den jüngeren Grabes- und Erscheinungsgeschichten sowie
zu Beginn und in den Predigten der Apostelgeschichte (1, 3-11; 2,
14-26), (4) in den Aussagen, die die Auferstehung voraussetzen, etwa im
„Komm Herr Jesus“ Offb. 22,20, in alten Hymnen (Phil 2, 6-11) und in den
Visionen der Offenbarung.
Die für die Auferstehung verwendeten Verba sind mehrdeutig; es muss
häufig auf den Kontext geachtet werden: es gibt das Auferwecken oder
Aufwachen eines Schlafenden, es gibt das Aufstehen eines Kranken oder
für tot gehaltenen; es gibt die übertragene Bedeutung: die Errettung
eines Menschen aus dem Tod als Rückkehr in das Leben, die erhoffte
Auferstehung der Toten wird mitunter als Wiederaufnahme des irdischen
Lebens vorgestellt. Es gibt die Bedeutung von der Errettung des Sünders
aufgrund seiner Bekehrung und die schon in der Taufe erhoffte Errettung
aus dem Tod. Von den angeführten Bedeutungen ist jene in den Aussagen
über die Auferstehung Jesu zu unterscheiden: die endgültige Errettung
aus dem Tod, nicht also die Rückkehr eines Toten in das Leben dieser
Welt. Dabei wird Jesu Tod nicht medizinisch oder biologisch, sondern
theologisch als Trennung von Jahwe, dem Quell des Lebens, in der vom
Grab nicht exakt unterschiedenen sheòl gewertet. Auferstehung ist mehr
als die Wiederbelebung eines Leichnams (in der Bibel wird sie auch nie
als Wiedervereinigung der Seele Jesu mit seinem Leichnam aufgefasst).
Das dem Leben dieser Welt entlehnte Wort „auferstehen“ dient demnach als
Metapher, um ein in unserer gängigen Wirklichkeit unvorstellbares
Geschehen auszusprechen. Diese metaphorische Redensweise mindert nicht
die Realität dessen, was nur auf solche Weise ausgesagt werden kann; sie
ist also kein bloßes Interpretament. Dem biblischen Verständnis von
Auferstehung entspricht, dass in der Bibel jegliche Schilderung des
Geschehens fehlt und sich die Auferstehung dadurch von den Mythen
radikal unterscheidet.
Dasselbe Geschehen wird im Neuen Testament auch noch
mit anderen Worten ausgesprochen: „lebendig gemacht“ oder „lebendig
geworden“, „erhöht“, „heraufführen aus den Toten“, „in seine
Herrlichkeit eingehen“, „verherrlicht“, „zum Vater weggehen“ oder
„aufsteigen“. Im Unterschied zu den beiden von einander abweichenden
Schilderungen der Himmelfahrt, werden Auferstehung und Erhöhung dabei
als Einheit betrachtet; im Johannesevangelium umfasst „Verherrlichung“
das gesamte Geschehen von Jesu Kreuzestod, Auferstehung und Erhöhung.
Die aus der Gesamtschau der neutestamentlichen Texte semantisch
erschlossene Bedeutung von Auferstehung liegt schon den
traditionsgeschichtlich frühesten Beziehungen zugrunde. Dies zeigen die
beiden literarisch ältesten Belege: „den er (Gott) von den Toten
auferweckte, Jesus…“ und „dass Jesus starb und auferstand“. Beide
Formulierungen hat Paulus bereits vorgefunden und als gleichbedeutend
erachtet. Dies spricht gegen neure Vermutungen, am Anfang der
Osterverkündigung habe bloß eine Aussage über Gott auf der Linie
jüdischer Gottesprädikate (z.B. „Gott, der die Toten lebendig macht“)
zur Beglaubigung der Gottesverkündigung gestanden; diese sei erst später
(schon vor Paulus!) zu einer christologischen Botschaft umgeprägt
worden: Jesus wurde auferweckt bzw. ist auferstanden Die Formulierung
"er stand auf",
sagt in der aus den apokalyptischen Texten über die Auferstehung
der Toten bekannten Sprache schlicht aus: Der gekreuzigte Jesus ist
nicht mehr bei den Toten, sondern lebt. In diesem Sinne ist auch die
Verbform „er ist auferstanden“ zu übersetzen. Dabei ist noch
jüdischer Auffassung als selbstverständlich vorausgesetzt, dass dies
durch Gottes Macht geschah.
Aus dem Kontext beider Formulierungen in 1 Thess geht
hervor, dass dem aus dem Bereich des Todes auferweckten Jesus eine
besondere Funktion bei der erwarteten Parusie und bei der Vermittlung
des endgültigen Lebens zukommt. In diesem Zusammenhang ist auch der
dieser Ruf einzuordnen.
Die Rede von der Auferstehung ist also in den ältesten Texten des Neuen
Testamentes niemals bloß Ausdruck für die Heilsbedeutsamkeit des
Kreuzes.
Die in 1 Kor 15 zu findende zentrale Zusammenstellung zentraler
Glaubensthemen lässt eine frühe Reflexion über die Osterbotschaft
erkennen. Hier gibt die wohl auf Paulus zurückgehende Verbform „ist
auferstanden“ zu erkennen, dass die Auferstehung einen neuen Status
bewirkt. Die Angabe „am dritten Tag“ kann sich an Hos 6,2 anlehnen und
bloß formelhaft umschreiben; eine solche theologische Deutung schließt
aber nicht jede chronologische Aussage aus: Kurz nach der Kreuzigung.
Die parallel zum Vordersatz stehende Wendung „gemäß den Schriften“
versucht, das unglaubliche Geschehen( die Rettung eines Gekreuzigten,
eines von Gott anscheinend Verfluchten) durch den Hinweis auf die
Schriften des Alten Testaments, wohl besonders auf Jes 53,10ff.,
vielleicht auch auf Hos 6,2, als glaubwürdig auszuweisen. Die Jünger
haben die Osterbotschaft von Anfang an im Blick auf das Alte Testament
verstanden und formuliert. So zeigt der Verweis auf Ps 2,7, das die
Auferstehung als Inthronisation zum Sohn Gottes (im Sinne eines
Amtstitels) und zum Messias und Herrn gewertet wurde. Dem entspricht,
dass in der alten Glaubensformel die Akklamation parallel zu „Gott hat
ihn auferweckt“ steht. Der ähnlich zitierte Psalm 110,1 deutet an, dass
die österliche Inthronisation zur Rechten Gottes hingeordnet ist auf die
noch ausstehende Vollendung der Gottesherrschaft. Nach Apostelgeschichte
wurde in griechisch sprechenden Gemeinden später unter Verweis auf Ps
15,8-11 die Auferstehung als befreiende Geburt (die Wehen des Todes
lösend) aus der Unterwelt und als Bewahrung vor der Verwesung gedeutet.
Zur Begründung und Verteidigung der von Anfang an
offensichtlich angefochtenen Auferstehung werden die Erscheinungen des
Auferstandenen vor vielen Zeugen angeführt. Die Zeitform „Erschien“ ist
häufig in alttestamentlichen Theophanie- und Angelophanieberichten, aber
auch in prophetischen Visionen belegt. Es besagt: Der Auferstandene hat
sich selbst zu erkennen gegeben, ohne dass dies näher beschrieben wird.
Wie „erschien“ näher zu verstehen ist, erhellt sich aus den anderen
Angaben des Paulus: „gesehen“, „offenbaren“, „Erkenntnis“ und innere
Erleuchtung. Die unterschiedlichen Formulierungen zeigen, dass sich die
österliche Begegnung mit dem Auferstandenen, bzw. die Paulus geschenkte
„Erkenntnis“ vom Erkennen einer irdischen Gestalt unterscheidet und sich
nur annähernd mittels bekannter Vorstellungen aussprechen lässt. Aus
heutiger Sicht mögen diese Erfahrungen als subjektive Erlebnisse,
vielleicht nach Art von Visionen oder Erleuchtungen, mitbedingt durch
psychologisch erhebbare Faktoren beurteilt werden. Dies spricht jedoch
nicht gegen ihre Echtheit. Die ältesten Belege dürfen nicht unkritisch
im Licht der späteren Schilderungen in den Osterevangelien interpretiert
werden. (Aufschlussreich ist dafür ein Vergleich der Angaben des Paulus
mit den unterschiedlichen fiktionalen Schilderungen seiner Bekehrung,
bzw. Berufung). Die vorliegenden Evangelien sind nämlich Erzählungen,
die alte Überlieferungen im Blick auf ihre Leser und unter Verwendung
bekannter Vorstellungsmuster aus dem Alten Testament in Form von
„Geschichten um Geschichte“ deutend darstellen, um zum Glauben
hinzuführen bzw. darin zu bestärken. So weist die Emmausperikope den
Weg, wie die Leser durch Schriftauslegung und Brotbrechen zum Glauben an
den Auferstandenen gelangen können. Die Apostel werden gegen den Vorwurf
verteidigt, nur einen Geist gesehen zu haben.
Die Grabesgeschichten weichen in vielem voneinander
ab, widersprechen einander, wenn sie als protokollarische Berichte
gewertet werden. Wer ihre literarische Eigenart und apologetische
Zielsetzung beachtet, kann aus ihnen zwar nicht den Hergang der
Ereignisse rekonstruieren, erhält aber zwei wesentliche Hinweise: Die
urkirchliche Predigt „er ist auferstanden“ ist keine Erfindung von
Menschen, sondern Wort Gottes; der Gekreuzigte lebt, und zwar mit seinem
Leib, d.h. als dieselbe individuelle ansprechbare Person, die starb und
begraben wurde. Dies ist aus der Sicht der Evangelien der Kern der alten
Osterbotschaft, den die Grabesgeschichten authentisch veranschaulichen.
Hinsichtlich der seit der Aufklärung vieldiskutierten frage „ War das
Grab Jesu wirklich leer?“ ist zu bedenken : Das leere Grab dient in der
Bibel niemals als strikter Beweis für die Auferstehung, sondern als
„Zeichen“; außerdem ist es vom heutigen Verstehenshorizont keine
unabdingbare Voraussetzung für die Auferstehung, den der Leib des
Auferstandenen ist nicht identisch mit dem biochemischen Substrat des
irdischen Leibes. Das Leersein des Grabes selbst ist zu unterscheiden
von einer Nachricht in Jerusalem und von den Erzählungen und den
Entdeckungen durch Frauen am Ostermorgen.
Bibeltheologisch ist die von den Jüngern bezeugte und dem Alten
Testament sowie der Verkündigung Jesu entsprechende Auferstehung der
Höhepunkt der Offenbarung Gottes, die bei der Parusie ihre Vollendung
finden wird. Inhalt der Osterbotschaft ist Gottes Handeln an Jesus
Christus entsprechend seiner Macht, Tote lebendig zu machen, und damit
die machvolle Bestätigung der von Jesus angekündigten Herrschaft Gottes.
Für Jesus selbst ist die Auferstehung die Ermöglichung neuen endgültigen
Lebens, seine wahre Geburt, seine Inthronisation als Messias und Kyrios,
der als „lebensspendender Geist“ anderen an seiner Existenzweise Anteil
geben kann. Dank seiner Auferstehung nimmt Jesus in einzigartiger Weise
an Gottes Macht teil, was in der Anrufung als Kyrios und Retter ebenso
zum Ausdruck kommt wie im Niederfallen aller vor ihm. Für die Christen
bedeutet Jesu Auferstehung die Möglichkeit von der Sünde befreit und
damit aus der Macht des ewigen Todes befreit zu werden: durch die
Fürsprache des Auferstandenen im Gericht und die schöpferische
Umgestaltung gemäß seinem Herrlichkeitsleib. Indem der Auferstandene den
an ihn Glaubenden schon jetzt Anteil an seinem Leben schenkt, werden sie
„Volk Gottes“, so dass die Kirche sich Israels Selbstbezeichnungen im
Alten Testament zu eigen machen kann. Dank der geistgewirkten Verbindung
mit dem Auferstandenen kann die Kirche sein „Leib“ heißen, womit
zugleich die eucharistische Teilhabe der Getauften an dem gekreuzigten
und auferstandenen Leib des Herrn, der Herrenspeise, angedeutet wird.
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Richard Posch
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Auferstehung
Auerstehung gründet sowohl in der fragenden Transzendenz
des menschlichen Wesens auf eine absolute Zukunft hin, als vor allem und
im eigentlichen Sinn in der heilsgeschichtlich erfahrenden und im
prophetischen Wort als für alle Zukunft zugesagten Treue Gottes zu
seiner Schöpfung.
Erfahrung und Zusage dieser Treue finden ihre Zuspitzung in der
Auferstehung Jesu, die von vornherein in einer universalen Perspektive
steht, insofern sie nicht ein nur ihn betreffendes und damit einmaliges
und abgeschlossenen Ereignis ist, sondern in einer auf die Zukunft der
Welt hin sich öffnenden Perspektive steht.
In der Auferstehung der Toten kommt der mit der Schöpfung gesetzte
Anfang wie auch der Prozess der Heilsgeschichte zu ihrer inneren
Vollendung durch Gott. Insofern aber die Vollendung nicht nur
punktuelles Ende und Ziel besagt, sondern auch die Dynamik des Weges
dorthin einbegreift, ist die Auferstehung der Toten eine Kurzformel für
das Handeln Gottes, der von Anfang an die Toten lebendig macht und das
was nicht ist, ins Dasein ruft. Bei Paulus wird das in der Taufe und
Glauben geschenkte neue Leben, im johanneischen Schrifttum die
Verwirklichung von Glaube und Nächstenliebe als Auferstehungsleben
thematisiert.
Gegen gnostische und andere dualistische Herausforderungen galt es, die
Vollendung des Leiblichen und Materiellen zu betonen, dies geschah in
der Weise der Addition: nicht nur das geistige sondern auch das
Materielle ist zur Vollendung in Gott berufen. Diese Konzeption geriet
in Gefahr, die Einheit des Vollendungsgeschehens in eine individuelle
Seelenunsterblichkeit und eine kollektive Hinzufügung des Leibes wie der
Welt aufzuspalten. Die ursprüngliche Auferstehung des Fleisches will zum
Ausdruck bringen, dass die Lebensverheißungen Gottes der ganzen, in sich
und mit der übrigen Schöpfung vernetzten, Menschheit gelten. Solche
Vollendung kann erst am Ende der Geschichte sein, wenn alle und alles in
das Leben Gottes einbezogen sind. Da aber gemäß den Schriften bereits
nach dem Tod dem Menschen ein Sein bei Christus und ein „ewiges Haus im
Himmel“ bereitet ist, ja da aufgrund der Polarität menschlichen Wesens
eine doppelpolige Vollendung geradezu erwartbar ist, griff man bereits
in sehr früher Zeit zum Begriffsinstrumentarium einer unvergänglichen,
bereits unmittelbar nach dem Tod seligen, Seele. Diese Konzeption
garantiert darüber hinaus die Identität und Kontinuität zwischen
Menschsein auf Erden und im künftigen Auferstehungsstand. Ist diese
postmortale Seele als „anima separata“ zu denken, die nur noch auf die
Steigerung ihrer Seligkeit durch die auferweckte Leiblichkeit wartet,
oder ist sie bereits Seligkeit des konkret leibhaftigen individuellen
Lebens? Letzteres würde bedeuten, dass sich so etwas wie Auferstehung
nicht erst am Ende der Tage, sondern bereits im Tod ereignet, oder
besser: dass Auferstehung ein Prozess ist, der anhebend in der Taufe,
sich radikalisierend im Tod, seine Universalität und damit Vollendung am
Ende der Geschichte findet.
Die These von einer Auferstehung im Tod nahm im 20. Jhdt. ihren ersten
Anfang bei R. Guardini, der gegenüber dem aporetischen Gedanken einer
leiblosen Seele erwog, ob der Leib nicht „in der Seele“ sei, insofern
diese ihn als Stoff und Frucht ihres geschichtlichen Daseins enthalte.
Viele Vertreter dieser These gehen von einer Anthropologie aus, nachdem
der eine und ganze Mensch Seele ist, insofern er vor Gott steht, über
alle endlichen Bedingungen wesenhaft hinausragt und seine Vollendung nur
im Schöpfer findet. Und der eine und ganze Mensch ist Leib, insofern er
seine ihn als Menschen konstituierende Relation zu Gott nicht in je
individueller Innerlichkeit und Direktheit vollzieht, sondern im
Ausdruck seines Leibes, der ihn mit den übrigen Menschen handelnd und
erleidend verbindet. Das hat zur Folge: Der Mensch kann aufgrund seines
Leib-Seins nur So vor Gott stehen (Seele sein), dass er seine Beziehung
zu Gott verleiblicht und verweltlicht, d.h. sich im Mit-sein und
Für-sein mit und für andere verwirklicht. Die Vollendung des Menschen
ist niemals nur Vollendung eines Teilstücks (Seele) sondern immer auch
Vollendung des Leibes, d.h. jenes Wesenselementes, durch das der Mensch
in einer wesentlichen Beziehung zur Welt und der übrigen Menschheit
steht. Deshalb ist auch die letzte Vollendung des einzelnen nur möglich
in der Vollendung des Ganzen, und die Redeweise von einer Auferstehung
am Jüngsten Tag erweist sich so als sinnvoll.
Das Konzept der Auferstehung im Tod will herausstellen das der Mensch
auch nach dem Tod ein leiblich verfasstes Wesen ist. Die
Unzerstörbarkeit der Seele liegt nicht außerhalb des
Auferstehungsgeschehens sondern ist ein Moment an diesem. Denn wenn
unter Seele jene Wirklichkeit zu verstehen ist, kraft derer der Mensch
konstitutiv in Relation zu Gott steht, so bedeutet ihre
Unzerstörbarkeit, dass „Gott die Seele auch über den Abgrund des von ihr
möglichen Nichtseins fortträgt“. Unsterblichkeit und Auferstehung stehen
sich dann nicht mehr als zwei verschiedene Modelle der Hoffnung des
Menschen auf Todestranszendenz gegenüber. Behält man die Bezeichnung
Auferstehung allein dem Geschehen am Jüngsten Tag vor mit dem Argument,
der Leichnam bleibe doch faktisch im Grabe liegen und sei eben nicht
auferstanden, so kann nur schwer vermieden werden, die
Auferstehungshoffnung richte sich im Grunde doch nur auf ein zweites
Moment im individuellen Menschen, nämlich auf seine individuelle
Körperlichkeit. Wenn man die bleibende Bezogenheit der Seele auf die
Materie als bleibende In-Formiertheit des verklärten Leibes durch die
Vollendung der Seele denkt – dann kann auch die empirische Erfahrung des
Leichnams im Grab gar kein Argument mehr abgeben, dass die Auferstehung
noch nicht stattgefunden habe.
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Klaus Heine
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Die Auferstehung der Toten
Die Auferstehung oder Auferweckung der Toten ist ein
endzeitliches Geschehen, bei dem Gott durch seinen Geist die Toten aus
dem Todeszustand erweckt und sie zum Leben in der Herrlichkeit seines
Reiches führt. Sie ist also die große Hoffnung der Christinnen und
Christen, die in der Erfahrung der Liebe Gottes gründet, wie sie ihnen
im Christusereignis begegnet. An der Auferstehung Christi wird offenbar,
dass diese Liebe unverbrüchlich ist und durch den Tod hindurch hält.
Durch die Taufe und den Glauben mit Christus verbunden, erhalten wir
Anteil an seiner Lebenskraft, jetzt in der Todeswelt noch gebrochen und
verborgen, dann aber voll und ganz jenseits des leiblichen Todes.
Der Begriff Auferstehung oder Auferweckung schließt ein, dass das
Sterben ganz ernst genommen wird. Es besteht also nicht darin, dass sich
eine unsterbliche Seele vom Leib trennt, aber sich vom Tod unangefochten
behauptet. Der Mensch stirbt mit Leib, Seele und Geist. Auch der Christ
wird im Sterben sich ganz genommen; er ist aber gewiss, dass er in
seiner Identität in Gottes Gedächtnis aufgenommen wird. Auch die
Auferweckung betrifft wie der Tod den ganzen Menschen.
Ich fürchte, dass es hier Differenzen zur traditionellen kirchlichen
Lehre und auch zur gegenwärtigen römisch-katholischen gibt. In dieser
Tradition lehrt man eine Synthese zwischen der zentralen
neutestamentlichen Hoffnung der Auferstehung des ganzen Menschen aus dem
Tode und der hellenistischen Vorstellung einer leiblosen Lebendigkeit
der Seele nach dem Tode. Man hat sich das so gedacht, dass die Seelen,
die sich beim Tod von ihren Leibern trennen an vorläufigen Orten der
Seligkeit oder der Verlorenheit oder eines Mittelzustandes (Fegefeuer)
existieren. Erst am jüngsten Tag erhalten sie dann in der Auferstehung
der Toten ihren neuen Leib.
Bei dieser Auffassung verliert aber die Auferstehung ihren
Ganzheitscharakter. Und es wird nicht ernst genommen, dass wir ein
Jenseits des Todes allein durch die Auferweckung haben. Sie geschieht an
der von Gottes Liebe durch den Tod hindurchgehaltenen Person. Gott
bewahrt mein Ich, um es zu vollenden. Bei der Auferweckung wird die
Individualität der Person erhalten, aber die Selbigkeit erscheint nur in
völliger Andersheit der Daseinsgestalt. Die Bestimmtheit durch Sünde und
Sterblichkeit wird abgetan, wir werden in die Ganzheit des Lebens im
Reich Gottes versetzt. Diese neue Leiblichkeit jenseits des Todes darf
freilich nicht in organischer Kontinuität mit der jetzigen gedacht
werden. Wir können nichts Konkretes über diese neue Leiblichkeit sagen,
sie wird aber ganz vom Geist Gottes bestimmt sein.
Christen erwarten die Auferstehung am jüngsten Tag, an dem der
auferstandene und zur Rechten Gottes sitzende Jesus Christus als Richter
und Weltvollender wieder erscheinen wird. Wegen dieses Gerichts nach den
Werken ist es für die zukünftige Identität eines Menschen von
entscheidendem Gewicht, wie sich seine Werke in das von Gott angenommene
und bestätigte Werk Jesu Christi einfügen. In der Verbindung mit dem
Gerichtsgedanken erhält die Vorstellung des leibhaften Menschseins
jenseits des Todes eine besondere Verbindlichkeit.
Mit der Wiederkunft Christi wird Gottes Herrschaft widerspruchsfrei und
auch die Welt verwandelt werden. Zwischen dem Sterben der einzelnen
Menschen und der endzeitlichen Auferstehung tritt offenbar ein
“Zwischenzustand”. Das hat immer wieder zu diversen Überlegungen
geführt. Wir geraten an die Grenzen dessen, was wir wissen und sagen
können. Vielleicht ist ja, was wir als lange Zwischenzeit des
Todesschlafs ansehen, um mit Luther zu sprechen, nur ein einziger
Augenblick. Gewiss dürfen wir sein, dass jenseits des Todes Christus
wartet. Aber er ist selbst der “jüngste Tag” und die Auferstehung und
die Gegenwart des ewigen Gottesreiches. (nach
Paul Althaus)
Nicht unterschätzt werden sollte, welche Kraft die endzeitliche Hoffnung
für das gegenwärtige Leben in der Todeswelt entbindet:
“Der Glaube an die Auferstehung der Toten lässt sich nicht von der
Vorstellung einer unzerstörbaren Würde des Individuums bzw. des
´unendlichen Wertes´ des einzelnen Menschen trennen.
Aus der christlichen Auferstehungshoffnung ergibt sich eine
unüberbietbare Kritik an der Unterdrückung und Erniedrigung von
Menschen.
Die christliche Hoffnung erweist ihre Kraft genauso in der Fülle des
Lebens wie in den Grenzsituationen menschlicher Existenz.
Ostern ist das Zeichen dafür, dass der Tod nicht das letzte Wort
behalten und die Gemeinschaft des Menschen mit Gott nicht durch den Tod
zerstört werden soll.”
Der christliche Glaube an die Auferstehung und das ewige Leben braucht
die Bilder und Symbole, die die Hoffnung auf das ausstehende Heil zum
Ausdruck bringen. Aber er darf nicht vergessen, dass auch sie durch die
gegenwärtige Todeswirklichkeit bestimmt und begrenzt sind. Es geht um
das Mehr. Die Worte des Paulus müssen uns nachdenklich machen: “Wenn es
keine (endzeitliche) Totenauferstehung gibt, dann lasst uns essen und
trinken- denn morgen müssen wir ja doch sterben!”
Das Ja zur Fülle auch des gegenwärtigen Lebens, das unter dem Schatten
des Todes steht, unterscheidet sich mit der großen Hoffnung deutlich von
der rauschhaften Gier nach Intensität des Erlebens ohne diese Hoffnung.
Ich möchte schließen mit einem Lied Martin Schallings, in dem die
existenzielle Hoffnung auf Auferstehung ihren vollendeten
reformatorischen Ausdruck gefunden hat:
“Herzlich lieb hab ich dich, o Herr....”
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