Kunst im Karner - Oktober 2004 - Josef Mikl - Christusfigur

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Christusfigur - Kreuzfigur - Biografie Josef Mikl - Meditationstext Christusfigur von Joop Roeland


Maler Josef Mikl, erster Künstler bei KIK, gestorben

Josef Mikl, einer der bedeutendsten österreichischen Maler nach 1945, ist tot. Wie erst heute bekannt gegeben wurde, ist er am vergangenen Samstag, 29. März 2008, im 79. Lebensjahr einem Krebsleiden erlegen. Josef Mikl wurde 1929 in Wien geboren, zählte nach dem Krieg zu den "Abstrakten" aus dem Kreis um die Galerie St. Stephan und wurde einem breiten Publikum vor allem durch die Neugestaltung des Redoutensaals nach dem Hofburgbrand 1992 bekannt.Josef Mikls Gemälde für den großen Redoutensaal der Wiener Hofburg (c) APA
Die leuchtenden Gelb-, Orange- und Rottöne sind signifikant für Josef Mikls Bilder. So auch für sein prominentestes Werk, das riesige Deckengemälde und die 22 Wandbilder für den nach dem Hofburgbrand neu ausgebauten Großen Redoutensaal. Damals, meinte er mit dem ihm eigenen Humor und Hang zum Understatement, sei es ihm vor allem darum gegangen, große Formate malen zu können: "Ich habe mir gedacht, Du wirst nie Sport betreiben, dann hüpf und kriech wenigstens auf deinen großen Bildern herum!"

Keine Angst vor dem Tod
Erst in jüngster Zeit drängten sich dunkle Schatten in die leuchtenden Farben von Mikls Bildern. In seiner letzter Ausstellung, die genau einen Monat vor seinem Tod in einer Wiener Galerie eröffnet wurde, mischten sich diese Bilder fast unbemerkt unter die bekannten, Energie ausstrahlenden Großformate, für die er berühmt geworden war.
Josef Mikl wusste um seine Krankheit und dass sie ihn besiegen würde, aber er hatte kein Bedürfnis, dieses Wissen mit anderen zu teilen. So war es auch sein Wunsch, dass die Öffentlichkeit erst nach seiner Beisetzung informiert werden sollte. Vor dem Tod fürchtete er sich bis zuletzt nicht. "Daher", so meinte er noch vor wenigen Monaten, "ist es eigentlich egal, ob es morgen ist oder übermorgen, ziemlich egal. Ich möchte aber in einer bestimmten Ordnung sterben."
So konzentrierte sich Josef Mikl zuletzt darauf, für ihn wichtige Bilder zu vollenden und andere zu vernichten. Um ein Oeuvre zu hinterlassen, das sein Verständnis von Kunst dokumentieren sollte. Einer Kunst, im Spannungsfeld zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, von den frühen Röhrenbildern aus den vierziger Jahre über die intimen Stilleben und Zeichnungen bis zu den Skulpturen und abstrakten Farbkompositionen.
Bewusst tragen diese Bilder oft Titel wie Figur, Büste oder Kopf, denn nur die Dummköpfe würden Abstraktion mit Gegenstandslosigkeit verwechseln, so Mikl. Abstrakt sei jede Malerei, auch Breughel habe seine Figuren konstruiert. "Ohne Konstruktion geht es einfach nicht. Ohne Phantasie kann man nichts erzeugen. Du kannst auch nichts erzeugen ohne Handwerk."

Wegbereiter der abstrakten Avantgarde
Josef Mikl (c) APAGemeinsam mit Arnulf Rainer, Markus Prachensky und Wolfgang Hollegha bildete Josef Mikl in den fünfziger Jahren die abstrakte Avantgarde, gründete gemeinsam mit Monsignore Otto Mauer und den Künstlerkollegen die Galerie St. Stephan in Wien und erlangte rasch internationales Renommee.
Er war Art-Club-Mitglied, vertrat 1968 Österreich bei der Biennale in Venedig und leitete 27 Jahre lang eine Meisterklasse für Malerei an der Akademie der bildenden Künste. Als kritischer Geist mit unerbittlichem Humor las er mit Vorliebe Karl Kraus und Johann Nestroy und publizierte selbst mehrere satirische Bücher, in denen er genüsslich mit der Zunft der Kritiker abrechnete. Das künstlerische Schaffen in Österreich nach 1945 hat Josef Mikl entscheidend mit geprägt. Sein Werk hat längst einen fixen Platz in der Kunstgeschichte eingenommen.

Audio
Josef Mikl über Begabungen und Talente
Länge: 1:26 min

(Quelle: http://oe1.orf.at) 

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Josef Mikl, Christusfigur

1971/72, Öl/Leinwand, 300 x 200cm

Josef Mikl, Christusfigur, 1971/72, Öl/Leinwand, 300 x 200cmEgon Kapellari, Diözesanbischof 
Über Sichtbares und Unsichtbares

"Die anatomisch gedachte Zeichnung denkt von innen nach außen." Josef Mikl "Nicht Abbildung, sondern Formdeutung" hat schon Monsignore Otto Mauer als die Grundintention und treibende Kraft der Kunst von Josef Mikl erkannt. 

Daher geht es in Mikls Bildwelten um Prinzipielles, um Ordnung und grundlegende Gefüge. Er ist stets auf der Suche nach den inneren Strukturen seiner Gegenstände, die er in allgemeine Bildstrukturen zu übersetzen versucht und damit das Ordnungsgefüge der Welt in die Tektonik seiner Bilder transponiert. Aus dieser Suchbewegung entsteht aber nichts Statisches, vielmehr scheinen sich Farben, Formen und Linien im langsamen Zueinander - zuweilen ein wohlgeordnetes Gegeneinander zulassend - beständig neu zu entfalten. Imaginäre Räume entstehen, die sich auf den Betrachter zu bewegen, ihn einhüllen oder in eine imaginäre Tiefe schweifen lassen. Der Sensible spürt den langen Entstehungsprozess und oftmaligen fragenden Neuansatz in den Kompositionen, bevor sie dem Blick des Künstlers als vollendet standhalten und für andere Beschauer freigegeben werden. Immer wohnt den Bildern etwas eigenartig Ungezähmtes und bleibend Ungebändigtes ein. Sie scheinen weniger eine versuchte Antwort als die Generierung der Frage zu sein, was denn die Schönheit dieser Welt, die Ordnung des Kosmos sein könne. Mit dem Ausbalancieren von Farben, Formen und der Energie des Gestischen scheint Mikl sich zum Ordnungsgefüge der Welt vorzutasten, es weiter- und subjektiv neu zu bauen. Auch in seinen ruhigsten Kompositionen findet sich bei ihm nichts abgeschlossen Beruhigtes, organisch Wachsendes bleibt auch in Aussparungen, im Abwesenden anwesend. Trotz der bedächtig gefügten Farben und Formen erscheinen die präzise orchestrierten Bildkompositionen wie Momente einer längeren Entwicklungsreihe stetig neuer Bildfindungen.

Josef Mikl, Entwurf für Glasfenster in der Kirche in St. MargarethenGraphische, zuweilen handschriftlich anmutende Spuren verleihen Mikls Bildern etwas sehr Individuelles. Über einen langen Zeitraum entwickelt er einen sehr persönlichen Duktus im Graphischen, Schritt für Schritt fort- und weiterentwickelt aus den frühen zeichnerischen Anläufen, in denen technisch empfundene Bildstrukturen, Röhren und Maschinenhaftes dominierten, auch die Organik des menschlichen Körpers in technisch Maschinenhaftes transponiert wurde. Dem Linienspiel der späteren Werke - einer Schrift, als deren Inhalt sich das spontan Subjektive an sich erweist - ist diese Herkunft nicht mehr anzumerken, und doch erscheint es in gewisser Weise als eine logische, wenn auch mit viel freierer Organik gefüllte Weiterentwicklung. Die Frage nach der Konstruktion war schon immer eine Leitidee, ob am menschlichen Körper, an der Natur oder an der Maschine. Es ist die Tektonik eines Bildorganismus, die Mikl interessiert. Seine Bilder erscheinen nur auf den ersten Blick spontan hingeworfen, erweisen sich bei genauer Betrachtung einem sehr disziplinierten und immer wieder die eigenen Bildstrukturen hinterfragenden Arbeitsprozess unterworfen: eine aus ihrem Inneren erwachsende "Suggestion der Spontaneität" (Wieland Schmied) ist ihnen zu Recht zugesprochen worden. Resultat einer konsequenten Arbeit am gestischen Moment des Malerischen, bei der sich der Zufall kongenial mit klarem Kalkül verschwistert.

Trotz ihrer einladenden, leuchtenden Farbigkeit - stets ein Fest für die Augen - sind die Bilder doch gleichzeitig von fast asketischer Strenge, auf Prinzipielles konzentriert. Auch wenn seit den 80iger Jahren das unmittelbar Gegenständliche mehr und mehr verschwindet, scheint das Objekt, das den Ausgangspunkt der künstlerischen Auseinandersetzung bildete, in seiner Struktur in die Bildordnung transformiert doch weiterzuleben. Was sich zum Geistvollen, zur Wahrheit bewegt, braucht einen Inhalt, einen Gegenstand, sonst verkommt es zum bloß Dekorativen, zum Muster, ist Mikls wiederholt geäußerte Überzeugung. Er hat sich nie als gegenstandsloser Künstler verstanden, "gegenstandslose Bilder gibt es nicht" , hat er apodiktisch in Bezug auf seine Kunst festgestellt.

Josef Mikl, Entwurf für GlasfensterDie Bilder erscheinen aus kontemplativer Versenkung erwachsen zu sein, auch wenn der Gegenstand der Betrachtung bis zur Unkenntlichkeit zurückgetreten ist oder nur mehr im Titel anklingt. Als religiöser Mensch ist man versucht, eine Parallele zu religiös inspirierter Kontemplation, zu christlicher Schau des Transzendenten zu ziehen: Das Taborerlebnis der Jünger Petrus und Johannes im Gefolge Jesu Christi - es ist vielen Erlebnissen christlicher Mystik verwandt - berichtet nicht von einer Auflösung der Gestalt, sondern von deren Verklärung in unsäglichem Licht. Nicht einer Idee, sondern einer konkreten Gestalt bleibt christliche Kontemplation stets verhaftet. Es ist Betrachtung, Schau des Wesentlichen, worauf es vor einem Werk von Josef Mikl ankommt. Intellektuelles Suchen nach einer bloß geistigen Idee ist ein zum Scheitern verurteilter Irrweg. Die geistige Arbeit besteht im Schauen. Es ist nicht eine abstrakte Welt im Kopf, in der seine Bildwelten anzusiedeln sind - weder in ihrer Entstehung, noch in dem, was sie beim Betrachter hervorrufen sollen. Sie dringen in nicht sagbare und doch gestalterisch genau ausgelotete Räume vor, transzendieren den Gegenstand, ohne ihn ganz hinter sich zu lassen. Gerade darin bietet sich die Möglichkeit, Dinge nicht von ihrer Oberfläche her, sondern von ihrem Innern zu erfassen. Der Künstler hat den Weg gewiesen: Abstraktion meint Konzentration, letztlich geht es um das Einfache, nicht aber um Simplifizierendes. So einladend die Farbenwelt Mikls auch sein mag, letztlich ist sie auch Ausdruck einer Verweigerung, dem Betrachter allzu leichtfüßig entgegen zu kommen. Die Bilder wollen ein Mühen, Versenkung, lassen sich nicht in der Flüchtigkeit des Augenblicks erfassen.

Mikls Farben sind selten ganz opak, bleiben stets durchlässig für dahinter Liegendes. Wie Membrane zwischen geschichteten Bildebenen erscheinen die Farbflächen, nach vorne und hinten wie in Atembewegungen vibrierend. Es mutet wie eine ihnen immer schon einwohnende innere Notwendigkeit an, dass Mikl diese Bewegung auch in der Technik des Farbglasfensters verwirklichte (u. a. in der Kirche in Salzburg-Parsch, in Asten, St. Margarethen oder der Friedenskirche in Hiroshima). Schon die Entwürfe atmen den Geist diaphaner Schichtungen, die begrenzen, aber nicht abschließen, sondern öffnen. Glasfenster erfassen und durchdringen in sich materialisierender Farb-Licht-Substanz den ganzen Raum; Außen und Innen, Davor und Dahinter werden durch leuchtende Strahlkraft zusammengebunden. In diese formale wie geistige Bewegung lässt sich die spirituelle - Inkarnation und Auferstehung als Ineinander von Diesseits und Jenseits - gut einbergen: das Mysterium klingt an, ohne, dass es sich in klare Verstandeslogik zwängen müsste.

Auch hier eine Annäherung in aller Offenheit und doch - wer sich der Kraft und Präsenz der Bilder Mikls aussetzt, wird deren Entstehung aus innerer Notwendigkeit spüren - nach klaren Prinzipien gefügt. Ihre Stärke ist untrennbar damit verbunden, dass sich das eigentlich Bewegende - die Frage - nicht in abgeschlossen Ruhendem domestiziert findet. Die Formen scheinen wie im Entstehen innezuhalten, in genauer Balance der Komposition und doch darauf angelegt, im Schauenden weiter zu wachsen.

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Josef Mikl, Kreuzfigur

1993, Öl/Leinwand, 300 x 200cm

Josef Mikl, Kreuzfigur, 1993, Öl/Leinwand, 300 x 200cm Das seit 9. Oktober 2004 im Karner ausgestellte Gemälde Christusfigur von Josef Mikl wurde am 22. Oktober für die große Retrospektive in der Kunsthalle Krems (Eröffnung am 6. November 2004) gegen das jetzt gezeigte Gemälde Kreuzfigur ausgetauscht. Beide Bilder haben außergewöhnlichen religiösen Bezug und wurden für Sakralräume geschaffen.



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Biografie Josef Mikl

1929 am 8. August in Wien geboren
1946-1948 Graphische Lehr- und Versuchsanstalt Wien, Abteilung Graphik
1948-1955 Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien,
Meisterschule für Malerei Josef Dobrowsky, Diplom
1951 Internationaler Art Club Sektion Österreich, Mitglied bis zu dessen Auflösung 1955
1956 Mitbegründer der Gruppe Galerie St. Stephan (Hollegha Mikl Prachensky Rainer)
Leitung Monsignore Otto Maurer
1968 Vertreter Österreich auf der 34 Biennale in Venedig
1969 Berufung an die Akademie der bildenden Künste Wien, Meisterschule für Malerei
1972-1997 Meisterschule für Naturstudien (Abendakt)
1975-1976 Wandbild Öl/Leinwand 300 m2, Kapelle Bildungshaus St. Virgil Salzburg
1983, 1985, 1988, 1990 Klasse für Malerei Aktzeichnen Skulptur, Sommerakademie Salzburg
1990 Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst
1994-95-96 Großes Deckenbild (34,80 m x 11,60 m = 404 m2) und 22 Wandbilder (214 m2) Öl auf Leinwand, Großer Redoutensaal Hofburg, Wien
1994-1998 Johann Nestroy Häuptling Abendwind - Vorarbeiten, Bühnenentwürfe, Ölbilder
15. Oktober 2004 Ehrenring der Stadt Wien 
Lebt in Wien und in Wörtherberg (Burgenland).
7. November 2004 bis 13. Februar 2005 Retrospektive in der Kunsthalle Krems
29. März 2008 nach einem Krebsleiden im 79. Lebensjahr gestorben

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